Gestatten, Marcel Pauly. In diesem Blog habe ich 2011 über die Erlebnisse und Erfahrungen während meines Radio-Praktikums im südwest-afrikanischen Namibia geschrieben. Von Juli bis Oktober lebte ich in der Hauptstadt Windhoek und arbeitete beim Deutschen Hörfunkprogramm (German Service) der Namibian Broadcasting Corporation (NBC).
Vor genau fünf Wochen betrat ich wieder deutschen Boden. Es ist also langsam mal an der Zeit, mit einer gewissen Distanz zurückzublicken, zu resümieren und dieses Blog zu einem vorläufigen Abschluss zu bringen. Der Versuch eines Fazits.
Drei Monate lang Radio machen in Namibia – da lernt man natürlich auch die namibische Medienlandschaft kennen. In einem Gastbeitrag für den Podcast Was mit Medien stelle ich sie euch vor:
In der Küstenstadt Hentiesbaai trafen Peter und ich auf unserer Namibia-Rundreise Alex. Mit seinem Fahrrad hielt er – wie wir mit unserem Auto – vor dem einzigen Supermarkt der Stadt. Alex ist 27 Jahre, kommt aus München und fährt seit dreieinhalb Monaten mit dem Rad quer durch Afrika.
Dass die letzte Presseschau wegen meiner kleinen Reise durch’s Land ausfallen musste, ist nicht weiter tragisch: Ich hätte sowieso Mühe gehabt, lesenswerte Inhalte zu finden. Diese Woche gab es dieses Problem nicht …
Kindern sagt man: „Steig nicht zu Fremden ins Auto!“ Namibia-Reisenden sagt man: „Nimm keine Fremden im Auto mit!“ Hält man sich an die zweite Regel genauso penibel, wie an die erste, läuft man Gefahr, wertvolle Begegnungen zu verpassen. Wie zum Beispiel die, die ich mit Hermann hatte.
Das größte wirtschaftliche Potenzial Namibias – da sind sich fast alle einig – liegt im Tourismus. Das Land ist nicht nur landschaftlich unfassbar beeindruckend, sondern begeistert gerade Safari-Fans mit seiner Tier-Vielfalt. Zum Beispiel im Etosha-Nationalpark im Norden Namibias.
Während die Hörer des Deutschen Hörfunkprogramms regelmäßig einen höheren Anteil deutscher Lieder einfordern (und damit meinen sie selbstverständlich Schlager und Volksmusik), spielen viele der englisch- und afrikaanssprachigen Radiosender in Namibia vorzugsweise us-amerikanische Pop-Musik. Hin und wieder aber kann man als Nicht-Namibier auch mal etwas Neues entdecken.
Heute mit einer brisanten Knochen-Lieferung, einer endlich abgeschlossenen Volkszählung und jeder Menge Alkohol.
Auch wenn die NBC-Radiostudios überraschend modern eingerichtet sind, gibt es doch auch immer wieder Momente, die mich daran erinnern: Du machst hier Radio in Afrika. In den vergangenen anderthalb Wochen haben sich solche Momente gehäuft.
Ich zeig‘ euch mal die Stadt:
Sie darf bei keinem Windhoek-Rundgang fehlen: die Christuskirche. Vor allem deutschsprachige Reiseführer scheinen sie zum inoffiziellen Wahrzeichen der Stadt gekührt zu haben – ihren Abbildungen kann man kaum entkommen. Gebaut wurde sie zu Zeiten der deutschen Kolonialherrschaft und bis heute finden in ihr die Gottesdienste der evangelisch-lutherischen Gemeinde statt.
Heute mit einem in Frage gestellten Völkermord, einer vermeintlich beendeten Volkszählung, und der Rugby-WM.
Wenn ich jemandem die Sache mit der Zeitverschiebung erklären muss, habe ich immer Angst, wieder alles durcheinander zu werfen. Dabei ist es eigentlich ganz einfach: Deutschland und Namibia sind in ein und der selben Zeitzone. Trotzdem gibt es eine Stunde Zeitverschiebung. Also normalerweise. Seit gestern aber nicht mehr. Alles klar?
Diesmal mit streitenden Hereros, schwierigen inner-afrikanischen Abhängigkeiten, einem Niebel-Nachklapp und einem Machtkampf beim südlichen Nachbarn.
Weil wir hier der einzige deutschsprachige Radiosender sind, gibt es in Namibia kaum professionell produzierte deutschsprachige Radio-Werbespots. Stattdessen wird die Werbung von unseren Redakteuren gesprochen – manchmal sogar live in ihren eigenen Sendungen. Je nach Formulierungswunsch des Auftraggebers führt das dann zu Radio-Momenten, die in deutschen Ohren einfach nur skurril klingen.
Diesmal mit einem Pro-Gaddafi-Bekenntnis, einer Volkszählung, einer Mini-Spende und einem Niebel.
„Im Winter ist es hier drin eiskalt, im Sommer wird das Blechdach unerträglich heiß, und wenn es regnet, läuft das Wasser überall herein.“ Wir sind zu Besuch bei Kalu und seinen beiden Mitbewohnern. Es ist ein warmer, aber auch sehr stürmischer Tag. Die kleine Hütte ächzt und quietscht in den Windböen, doch die Bewohner scheint die Geräuschkulisse nicht weiter zu beunruhigen. Verrostete Wellblechstücke, angeknackste Holzbalken und zerfledderte Plastikplanen, verschnürt und vernagelt, halten das zusammen, was die Drei ihr zu Hause nennen.
Heute erst mal zur Probe, in Zukunft dann möglicherweise regelmäßig: Hier unten passieren ja doch ein paar Geschichten, die vielleicht auch der interessierte Deutsche spannend findet.
Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl. Einerseits zu wissen, dass das „echte“ zu Hause mehr als 8.000 Kilometer entfernt ist, und andererseits doch zu spüren, wie sich der vorübergehende Lebensmittelpunkt in nur drei Wochen an dieses völlig andere Fleckchen Erde verschoben hat.
Bei einer Hörerin hab ich’s mir gleich von Anfang an verscherzt: Ich hab ihr in unserer Wunschsendung einen falschen Titel gespielt. Was war passiert?
Vier oder fünf Live-Sendungen entstehen in dem kleinen Schuhkarton, dessen unscheinbare Tür mit „Studio 1″ etikettiert ist. Vier schwere Kameras mit Teleprompter-Aufsatz nehmen schon einen Großteil des Platzes ein. Da bleibt gerade noch Platz genug für die verschiedenen Sperrholz- und Kunststoff-Kulissen, die hintereinander gestapelt darauf warten, für die jeweilige Sendung hervorgekramt zu werden. Bei meinen beiden Besuchen waren gerade die Nachrichten an der Reihe.
Als Nachrichten-Mensch blutet mir täglich das Herz, bei dem, was da bei uns als „Nachrichten“ über den Sender geht. Denn das Einzige, was wir beim Deutschen Hörfunk machen dürfen, ist, die Nachrichten des nationalen NBC-Programms zu übersetzen. Und denen ist eine gewisse Nähe zur Regierungspartei SWAPO leider anzumerken – besonders was die Themenauswahl angeht. Die Meldungen in größerem Maße umformulieren, selbst weiterrecherchieren oder gar eigene Themen setzen dürfen wir nicht.
Erster Tag: zuschauen. Zweiter Tag: mitmachen. Dritter Tag: selbst die Sendung fahren. Das Deutsche Hörfunkprogramm in Namibia muss man schon als Paradies für Nachwuchs-Hörfunker aus Deutschland bezeichnen. So schnell wie hier kommt man als Praktikant wohl nirgends vor’s Mikro.
Die Landebahn tauchte auf wie aus dem Nichts, eine Sekunde später setzte das Flugzeug auch schon auf. Normalerweise erkennt man bei nächtlichen Landungen ja schon Minuten vorher die Lichter der Stadt. Hier nicht. Namibia ist das am dünnsten besiedelte Land Afrikas, der Flughafen liegt ein gutes Stück außerhalb der Hauptstadt Windhoek. Und so war mein erster Eindruck von dem Land, in dem ich die nächsten drei Monate verbringen werde, ein großes, dunkles Nichts. Die folgenden 48 Stunden sollten diesen ersten Eindruck korrigieren.
Behäbig schiebt sich Flug SW286 auf der Anzeigetafel Stück für Stück nach oben. Zwei Stunden noch bis zum Abflug. Vor mir liegt ein dreimonatiges Abenteuer: Namibia!